Kritiken und Fotos zu „Krieg. Stell dir vor, er wäre hier.“
Der Standard vom 23.01.2015 | Thomas Neuhold
(…) Elisabeth Nelhiebel erzählt eindringlich von ihrer Flucht nach Ägypten. (…) Das Gedankenexperiment ist so einfach wie wirkungsvoll – vor allem, wenn es für die Bühne adaptiert wird. (…) Wie wirkungsvoll das auf der Bühne ist, konnte man schon bei den ersten Vorstellungen in der Salzburger ArgeKultur diese Woche erleben: „Du bist bereit, alles zu tun. Du willst nur weg von den Bomben, der Kälte, der Angst.“ Unterstützt vom reduzierten Bühnenbild, ohne ablenkende Details, führt das Du zur Identifikation mit den Flüchtlingen. (…) Harter Inhalt verlangt eine harte Sprache, und so hat Regisseur Markus Steinwender dem Stakkato der von Janne Teller salvenartig abgefeuerten Sätze noch Songs der deutschen Politrockband Ton Steine Scherben beigemengt. (…)
drehpunktkultur vom 21.01.2015 | Dietmar Rudolf
(…) Als die Bühne hell wurde und Elisabeth Nelhiebel die ersten harten Sätze über Bomben, Tod und Flucht mit betont lässiger Körperhaltung und fast zynischem Unterton sprach und dabei immer wieder lange ihr Publikum fixierte, kicherten noch einige Mädchen, die sich unvorsichtigerweise doch in die erste Reihe gesetzt hatten. Aber nach wenigen Minuten war es völlig still und die Schauspielerin „hatte“ ihr Publikum. Es ist eine einfache Geschichte: Es geht um Krieg, erzwungene Flucht und Neuanfang als Asylant in der Fremde. Und es ist ein genial einfacher Trick, mit dem die Zuschauer in eine veränderte Perspektive gezwungen werden: Der Krieg ist in Österreich, das Asylland heißt Ägypten. Und einfach sind auch die theatralischen Mittel: ein Tisch, ein Sessel, eine Reisetasche, darin ein CD-Player mit der Musik von „Ton, Steine, Scherben“, eine Wäscheleine zum Aufhängen von Fotos und Erinnerungen, ein Absperrband, eine Art Flipchart, nicht einmal ein zweiter Schauspieler. Nelhiebel und ihr Regieteam (Markus Steinwender, Leonie Reese, Peter Malzer vom Theater „mazab“) brauchten nicht mehr, um das einstündige Stück zu gestalten. (…) Das Verdienst, aus diesem politisch hoch ambitionierten, aber ästhetisch nicht immer gelungenen Text theatralisch und ethisch Funken zu schlagen, gebührt der hochkonzentrierten Darstellerin und ihrem Team. (…)
dorfzeitung vom 23.01.2015 | Elisabeth Pichler
(…) Eindringlich, doch nüchtern werden die verheerenden Zustände in Österreich aus der Sicht eines jungen Mannes geschildert. (…) Mit nur wenigen Requisiten gelingt es Regisseur Markus Steinwender eindrucksvoll, das Grauen und die ständige Angst, die ein Krieg nach sich zieht, aufzuzeigen. Durch Absperrbänder wird das Publikum in das Flüchtlingslager mit eingeschlossen, die endlose Wartezeit auf die Aufenthaltsgenehmigung wird, wie in einem Gefängnis, mit Strichen an der Wand markiert. Ein Tagebuch hilft dabei, sich an das Leben vor dem Krieg zu erinnern.Eine Horrorvision, vom Wohlstandsbürger zu einem Menschen dritter Klasse abzurutschen. Wie kämen wir mit dem Verlust der Heimat, dem Verlust der Würde zurecht? Ein beklemmendes Stück für Jugendliche ab 12 Jahren und Erwachsene. Der Perspektivenwechsel zwingt zum Nachdenken. (…)