„Monster zertrampeln Hochhäuser“ von Lukas Holliger. Uraufführung.

 Eine zynische Farce auf Wohnungsnot, Flüchtlingspolitik und Korruption. Uraufführung. Koproduktion von theater.direkt und ARGEkultur.

Copyright: Bernhard Müller
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Viel Action, nicht wenig Witz, einiges Understatement. Als Kultur- und Prolo-Tussis überzeugen Elisabeth Nelhiebel und Bina Blumencron, als Denkerschnösel und Musterprolet Max Pfnür und Jurij Diez. Präzise ist die Regie von Michael Kolnberger. (Heidemarie Klabacher, drehpunktkultur vom 11. Mai 2015)

Michael Kolnberger, Spezialist für anspruchsvolle Stücke zu gesellschaftspolitisch brisanten Themen, gelingt es in dieser Inszenierung, zwei Parallelwelten aufeinanderprallen zu lassen. Das Publikum sitzt ganz nahe an der Bühne, an beiden Seiten einer weißen Diele. Gewaltausbrüche und ständige Lärmbelästigung durch Flüchtlingsterroristen und deren Verfolger wirken verstörend. Ein faszinierendes Stück, in dem neben den Schauspielern der Wohnblock zur heimlichen Theaterfigur wird. (Elisabeth Pichler, Dorfzeitung vom 15. Mai 2015)

Dazwischen bietet der Text von Lukas Holliger, der es schon in die Endrunde des Berliner Stückemarkts geschafft hat, allerlei assoziationsreiche (Er)Weiterungen, was die Gesamtanlage etwas überfrachtet. In der Wohnungsnot werden „Flüchtlingsterroristen“ geortet, man kämpft um die Daseinsberechtigung, raunt mancherlei Bedeutung, über deren Bedeutung man sich nicht immer klar wird, realisiert zwischenmenschliche Clashes – was gutes Schauspielerfutter ergibt, aber nicht immer ganz übersichtlich wirkt. Mutig bleibt ein solches (Uraufführungs)Unterfangen gleichwohl. (Karl Harb, Salzburger Nachrichten vom 11. Mai 2015)

Inszenierung Michael Kolnberger | Dramaturgie Stefanie Fröhlich | Raum und Kostüme Arthur Zgubic | Spiel Elisabeth Nelhiebel, Bina Blumencron, Christine Winter, Max Pfnür, Jurij Diez

Stück Das KünstlerInnenehepaar Peter und Edith Fallok sind VerliererInnen des innerstädtischen Wohnungsmarktes und müssen sich glücklich schätzen, am Stadtrand in einem sanierten ehemaligen ArbeiterInnen-Wohnblock eine neue Bleibe zu finden. Dessen Eigentümer, ein eiskalter Immobilienmakler und gleichzeitig korrupter Kommunalpolitiker, kennt keine Skrupel, Wohnraum einfach doppelt zu vermieten! Er schreckt auch nicht davor zurück, Jagd auf illegale AsylantInnen zu schüren, denen er bisher überteuerte Kellerräume und Tiefgaragen vermietet hat. In der Wohneinheit „30E“ rücken die Falloks nun notgedrungen mit dem KleinbürgerInnenpaar Kurt und Kristina Kretz zusammen. Während die Männer zunächst ihre Verachtung preisgeben, gelingt den beiden Frauen allmählich eine vorsichtige soziale Annäherung. Kultur trifft auf Unkultur, Kunst auf Kommerz, analytische Zwölftonkompositionen auf herzerwärmende Schlagermusik, György Ligeti auf Hansi Hinterseer, Ideologie auf Idealismus, künstlerischer Freigeist auf bequemen Konformismus.

Hintergrund Finanzkrise. „Billiges Geld“. Baukredite so günstig wie schon lang nicht mehr. Gute Zeiten für InvestorInnen und Immobilienhaie mit Wohnraum schnell viel Geld zu verdienen. Wo langfristige Mietverträge Schutz bieten sollten, greifen Immobilienprofis auch gern zu unlauteren Maßnahmen um lästige MieterInnen aus lukrativen Objekten hinaus zu bekommen. Gentrifizierung ist das Schlagwort: wenn aus weniger attraktiven Wohngegenden, sogenannte „Szeneviertel“ werden. Die Folge: Wohnungsnot wird zu dem signifikanten Problem vieler Kommunen und somit topographisches Abbild sozialer Ungleichheiten einer ganzen Gesellschaft. Aber was passiert mit Menschen mit schmalem Budget, Menschen mit Migrationshintergrund oder gar Asylsuchenden? Sie werden in unattraktivste Wohngegenden gedrängt und sind oftmals gezwungen in prekären Verhältnissen zu hausen. Ausgrenzende Ghettobildung und somit die Förderung kontraproduktiver Parallelgesellschaften sind die Folge.

Autor Lukas Holliger, geboren 1971 in Basel, studierte Kunstwissenschaft, Geschichte und Germanistik.1995 begann er am Theater Basel als Regiehospitant und übernahm schließlich mit dem Regisseur Martin Frank die Leitung der hauseigenen AutorInnenwerkstatt . Im von Werner Düggelin und Monika Neun gegründeten Basler raum33 leitet er mit der Regisseurin Ursina Greuel die Uraufführungsreihe „Anti-Schublade“. Er wurde für eine Reihe von Schweizer AutorInnen-Fördermodellen ausgewählt und nahm 2002 an der Masterclass MC 6 unter der Leitung von Marlene Streeruwitz teil. Seine zahlreichen Stücke sind in der Schweiz und an namhaften Theatern in Deutschland uraufgeführt worden. 2003 wurde er in der KritikerInnenumfrage der Zeitschrift „Theater heute“ als bester Nachwuchsdramatiker und 2013 für den Hörspielpreis der „Kriegsblinden“ nominiert. 2015 erscheint in der Edition Meerauge sein Prosadebüt „Glas im Bauch”.

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